Photoeffekt
Beim Photoeffekt (Synonyme: Photoionisation, Photoabsorption) ist die Energie des entstehenden Photoelektrons gleich der Differenz aus Photonenenergie und Ablösearbeit des Photoelektrons; die Ablösearbeit wird beim Auffüllen des vom Photoelektron verlassenen Platzes in der Elektronenhülle wieder frei und kann auf ein oder mehrere Auger-Elektronen (äußere Hüllenelektronen) oder Fluoreszenzquanten (charakteristische Eigenstrahlung) übertragen werden. Während bei hochatomigen Stoffen (z.B. Kontrastmittel, Strahlenschutzstoffen usw.) die Eigenstrahlung dominiert, überwiegt bei den Elementen mit niedriger Ordnungszahl, also auch im biologischen Gewebe, der Auger-Effekt. Der Auger-Effekt hat wegen der damit verbundenen mehrfachen Ionisierung eines Atoms wahrscheinlich besondere Bedeutung für die Einleitung chemischer Folgereaktionen. Die Fluoreszenzstrahlung ist die Wechselwirkung von Photonen, auf der die Funktion von Röntgenleuchtschirmen, der Bildverstärkereingangsschirme und der Szintillationszähler (in der Nuklearmedizin) beruht. Auger-Effekt und Fluoreszenzstrahlung treten auch als Folge jeder anderen Ionisierung innerer Schalen, z.B. durch Elektronenbeschuss auf. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des Photoeffektes wächst mit der dritten Potenz der Ordnungszahl und umgekehrt zur dritten Potenz der Photonenenergie (Dies ist der Grund, weshalb sich Knochen im Röntgenbild so deutlich von den umgebenden Strukturen abheben). Bei einem Photoabsorptionsprozess im biologischen Gewebe (also bei Elementen mit niedriger Ordnungszahl) erhält das Photoelektron fast die gesamte Energie des einfallenden Photons, weil in niederatomigen Stoffen die Bindungsenergie relativ gering ist. Obwohl die Photoionisierung mit wachsender Photonenenergie abnimmt, steigt sie sprunghaft bei denjenigen Quantenenergien, die gerade den Bindungsenergien der Elektronen in den einzelnen Schalen der absorbierenden Atome entsprechen.
Absorptionskanten der Kurve des Massen-Photoabsorptionskoeffizienten. Die kleine Abbildung rechts oben zeigt, wie bei der Auffüllung einer Lücke in der K-Schale charakteristische Strahlung emittiert wird.
Das Hauptdiagramm gibt die Massen-Absorptionskoeffizienten für Wasser und Blei an. Der vergrößerte Ausschnitt zeigt die K-Kante für Blei, die durch die Beteiligung der beiden K-Elektronen bei Photonenenergien über 88 kV zustande kommt.
Eine graphische Darstellung der Photoabsorption in Abhängigkeit von der Energie zeigt an diesen Stellen scharfe Spitzen. Die Elektronen einer bestimmten Schale können nämlich erst dann am Photoabsorptionsprozess teilnehmen, d.h. vom Atom abgetrennt werden, wenn die einfallenden Röntgenquanten eine Energie in der Größe der Bindungsenergie mitbringen. Durch Photonen geringerer Energie hingegen können nur Elektronen aus weiter außen gelegenen Schalen losgelöst werden. Die Sprünge in der Absorptionskurve weisen also darauf hin, dass bei diesen Energien die Beteiligung einer neuen Schale am Photoabsorptionsprozess beginnt. Für Photonen, deren Energien größer ist als die Bindungsenergie der K-Schale eines Atoms, nimmt die Bedeutung des Photoeffektes zugunsten des Compton-Effektes ab. Da die Bindungsenergie der K-Schale mit der Ordnungszahl wächst, ist die Photoionisierung für höheratomige Stoffe noch bei Energien vorherrschend, bei denen sie für niederatomige Substanzen schon selten ist: die Bindungsenergie der K-Schale ist z.B. für Blei mit der Ordnungszahl 82 ca. 88 keV, für Aluminium (Z = 13) nur 1,5 keV. Für Körpergewebe ist die Photoabsorption nur im Spannungsbereich der Röntgendiagnostik von Bedeutung. Bei Photonen höherer Energie als 200 keV ist sie überhaupt zu vernachlässigen.